Letzte Woche wurden die Grundsteuerbescheide zuge-
stellt. Nachfolgend Hinweise zur Reform und Festsetzung
der Grundsteuer nach neuem Recht:
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom
10.04.2018 die Bewertungsvorschriften für die Grundsteu-
er für verfassungswidrig erklärt. Mit dem Beschluss wurde
gleichzeitig bestimmt, dass der Gesetzgeber bis zum 31.
Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung zu treffen
hat. Diese Verpflichtung wurde durch die Verkündung des
Grundsteuerreformpakets des Bundes im November/ De-
zember 2019 erfüllt. Damit dürfen die bisherigen Bewer-
tungsregeln noch für eine Übergangszeit bis 31. Dezember
2024 angewandt werden. Neben dem eigentlichen Grund-
steuerreformgesetz war auch eine Grundgesetzänderung
Teil des Reformpakets. Der geänderte Artikel 105 Abs.
2 des Grundgesetzes ermächtigt die Länder nun, vom
Grundsteuerrecht des Bundes (Bundesmodell) abzuwei-
chen. Von dieser Länderöffnungsklausel haben mehrere
Bundesländer, so auch das Land Baden-Württemberg,
Gebrauch gemacht.
Sowohl im Bundesrecht als auch im Landesgrundsteuer-
gesetz wird die Grundsteuer wie im bisherigen Recht in
einem dreistufigen Verfahren ermittelt:
• Im ersten Schritt, dem Bewertungsverfahren, stellen die
Finanzämter den Grundsteuerwert fest. Das Verfahren
endet mit dem Erlass eines Grundsteuerwertbescheids.
• Im zweiten Schritt wird von den Finanzämtern auf der
Grundlage des Grundsteuerwerts der Messbetrag be-
rechnet. Das Verfahren endet mit dem Erlass eines Mess-
bescheids.
• Im dritten und letzten Schritt errechnet die Gemeinde
die Grundsteuer, in dem sie den Messbetrag mit dem
vom Gemeinderat beschlossenen Hebesatz multipliziert.
Durch den Grundsteuerbescheid wird die Grundsteuer
dann gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt.
Für das Grundvermögen (Grundsteuer B) hat der Landes-
gesetzgeber in Baden-Württemberg mit dem modifizierten
Bodenwertmodell einen eigenen Weg gewählt. Bei diesem
Modell wird die Grundstücksfläche mit dem vom örtlichen
Gutachterausschuss auf den 01.01.2022 festgestellten
Bodenrichtwert multipliziert. Die Gebäudewerte auf den
entsprechenden Grundstücken sind dagegen nicht mehr
relevant. In Baden-Württemberg bleibt die Bebauung eines
Grundstücks und damit ein etwaiger Gebäudewert bei der
Bewertung damit unberücksichtigt. Der sich ergebende
Grundsteuerwert (Grundstücksfläche x Bodenrichtwert)
wird mit der sogenannten Steuermesszahl, für die insbe-
sondere für bebaute Wohngrundstücke ein Abschlag von
30 % vorgesehen ist, vervielfacht.
Die Gemeinde hat den Hebesatz so festsetzen, dass das
Grundsteuergesamtaufkommen dem bisherigen entspricht.
Diese sogenannte Aufkommensneutralität bezieht sich
ausschließlich auf das Grundsteueraufkommen insgesamt,
nicht jedoch auf die Höhe der Grundsteuer für den ein-
zelnen Steuerpflichtigen. Die Aufkommensneutralität be-
deutet damit, dass in etwa genauso viele Einnahmen aus
der Grundsteuer anstrebt werden wie zuvor. Auch bei ei-
ner aufkommensneutralen Gestaltung, in Bezug auf die
Grundsteuereinnahmen insgesamt, wird es jedoch trotz-
dem zwangsläufig Verschiebungen im Hinblick auf die zu
zahlende Grundsteuer je Steuerpflichtigem geben. Dem-
nach werden manche Steuerpflichtige, auch bei einer auf-
kommensneutralen Hebesatzgestaltung, mehr bezahlen
müssen als bisher und andere wiederum weniger als bisher.
Diese Belastungsverschiebungen ergeben sich insbeson-
dere zwischen verschiedenen Grundstücksarten.
Bei der Berechnung des Hebesatzes für die Grundsteuer B
wurden die vom Finanzamt festgesetzten zuzüglich noch
festzusetzender Messbeträge und abzüglich zukünftiger
Änderungen, beispielsweise durch Entscheidung über beim
Finanzamt eingegangener Einsprüche, angesetzt. Auf die-
ser Grundlage wurde der Hebesatz mit 290 v. H festgesetzt.
Der errechnete Hebesatz liegt um 2 v. H. über der vom
Finanzministerium im sogenannten Transparenzregister
veröffentlichten Bandbreite von 260 v. H. bis 288 v. H. Im
Gegensatz zum Transparenzregister hat die Verwaltung bei
der Berechnung des aufkommensneutralen Hebesatzes
zusätzlich die noch festzusetzenden Messbeträge 2025
sowie zukünftige Änderungen, beispielsweise aufgrund
von Entscheidungen des Finanzamts über eingegangene
Einsprüche, berücksichtigt, weshalb der errechnete He-
besatz um 2 Punkte außerhalb des Hebesatzkorridors des
Transparenzregisters liegt.
Bei der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) hat der
Landesgesetzgeber das Bundesmodell übernommen. Die
Bewertung erfolgt hier auf Basis eines typisierenden durch-
schnittlichen Ertragswertverfahrens. Während im bisheri-
gen Recht bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die
Wohngebäude der Betriebsinhaber, seiner Familienangehö-
rigen und die Altenteiler bei der Grundsteuer A mitbewertet
worden sind, werden diese zukünftig als eigenes Grund-
steuerobjekt bei der Grundsteuer B bewertet.
Auch bei der Berechnung des Hebesatzes für die Grund-
steuer A wurden die vom Finanzamt bisher festgelegten
Messbeträge zuzüglich noch festzusetzender Messbeträ-
ge und abzüglich zukünftiger Änderungen, beispielsweise
durch Entscheidung über beim Finanzamt eingegangener
Einsprüche, berücksichtigt. Auf dieser Grundlage wurde
der Hebesatz mit 433 v. H. festgesetzt.